Donnerstag, Tag 5 - 27.08.2020
Herzoglich pinkeln

Vorbei am Ostholstein-Museum (ehemals der Marstall) führt uns der Weg über den Schlossplatz, auf die kurze Brücke mit dem dahinter liegenden Torturm zu. Das Schloss war eine mittelalterliche Burg und wurde über mehrere Jahrhunderte zur Residenz ausgebaut. 1992 brachte die herzogliche Besitzer-Familie Schloss und Garten in die neugegründete Stiftung Schloss Eutin ein.
Durch das Tor im Turm betreten wir den Innenhof. Der Schlosshof ist freundlich in hellen Farben bemalt. Meine Blase meldet sich und möchte Flüssigkeit loswerden. So mache ich mich auf die Suche nach einem WC und werde linker Hand fündig. Nobel. Desinfektion der Händchen und dann mit Abstand pullern. Also gemeint ist, nicht aus zwei Metern ins Becken treffen. sondern Abstand zu anderen Nutzern halten. Da keine anderen Pinkelwilligen da sind, werfe ich mich in die nächste Kabine und setze mich erleichtert auf den Sitz mit Loch. Ihr merkt, ich bin kein Stehpinkler, ich bin verheiratet.

Meine Blase ist happy und entleert sich druckvoll, worauf auch mein Darm meint, wenn er schon so richtig in Stellung ist, könnte er ja auch gleich mit entleeren. Ich sitze somit länger in den duftvollen Lüften und meine Füße genießen die kleine Pause zwischendurch. Nach einiger Zeit zwinge ich aber meine Beine, mich wieder an die frische Luft des Innenhofes zu bringen. Gleißendes Sonnenlicht blendet mich, sodass ich Marion nicht sehe. Aber auch ohne Blendung ist sie im Hofe nicht zu sehen. Upps, weg. Doch schon erklingt die liebliche Melodie meines Handys und eine etwas erregte Marionstimme meint, wo ich mich wieder mal rumtreibe. Nun ja, sie steht vor dem Schloss und nicht im Hofe, so muss ich raus, ich bin der Doofe. Vor dem Torturm erwarten mich mein kopfschüttelnder Schatz und mein laut bellender Hund. Apropos bellen, Tobi hat sich schon auf dem Weg zum Schloss lautstark mit einigen Kollegen seiner Art unterhalten. Das löste neugierige Blicke bei einer touristischen Besichtigungs-Gruppe aus. Meine Erklärung, dass ich ein exquisit nutzbares WC gefunden habe, löst auch bei Marion Blasenalarm aus. Sie übergibt mir die Hundeleine mit Hund dran und entschwindet in Richtung WC. Das wiederum löst bei Tobi Frust aus und den lässt er laut bellend raus.
Leider tippelt nun auch noch die Besuchergruppe samt Führer an uns vorbei. „Ach, das ist der Störenfried“, tönt es an mir vorbei, „wir konnten nichts verstehen“. Und noch ein paar Sprüche darf ich lächelnd von mir abprallen lassen.
Ein Tipp: Wenn ihr ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom habt, euch also keiner bemerkt (boh, Fakenews der Querdenker), dann stellt euch mit Tobi vor dem Schloss in Eutin und Marion und ich gehen zum WC. Ihr bekommt dann ein ungesundes Maß an Aufmerksamkeit.

Natürlich machen die Entdecker noch einen Abstecher zur Seepromenade am Großen Eutiner See. Ein paar Minuten nehmen wir auf einer Bank am Seeufer Platz und schauen gedankenverloren über den glitzernden See. Hier am See ist sicher auch Carl-Maria von Weber, der berühmteste Sohn der Stadt spazieren gegangen.

Auf dem Rückweg zum Auto kommen wir an einem hübschen, idyllischen Flecken Erde vorbei. Es ist der „Garten am frischem Wasser“ des Ev. Kirchenkreises Ostholstein in Eutin („Er weidet mich auf grüner Aue und führet mich zum frischen Wasser" Psalm 23,2.) Wir treten ein in ein bezauberndes Areal unter 150 Jahre alte Federbuchen. Ich spreche einen rasenmähenden Mann an und schnell wird klar, dass er sich hier besonders gut auskennt. Er ist gerne bereit uns einiges über den Garten und die Federbuchen zu erzählen.
Wer mehr dazu wissen möchte: http://www.garten-am-frischen-wasser.de

Eine Besonderheit haben wir leider nicht entdeckt, die sogenannte Bräutigamseiche im Dodauer Forst. Sie besitzt, unglaublich aber wahr, eine eigene Postadresse.
An diese können Liebende seit jeher ihre Briefe schicken. Die Briefe werden von der Post im Astloch deponiert und von Kontaktsuchenden entnommen und beantwortet. Auch so manche Ehe soll auf diesem Wege bereits entstanden sein.